Von Wien in die Welt

Internationale Karrieren

Foto: Judith Mutici (29)
Romanistik- und Portugiesisch-Absolventin

Eine Uni Wien-Absolventin, die Österreich weit hinter sich ließ, um ihren beruflichen Weg zu gehen. Nach ersten Arbeitserfahrungen in Österreich, packte sie ihren Rucksack. Eine Erfolgsstory von der Steiermark nach Brasilien:

„Bom dia! Hello! Guten Tag!“

An der Telefonanzeige steht ‚número desconhecido‘, unbekannte Nummer, da meldet sich Judith besser dreisprachig. Auf der anderen Seite der Leitung ist ein deutscher Reiseveranstalter, der drei weitere Teilnehmerinnen zur Brasilienrundreise kommende Woche anmeldet und wissen will, ob noch eine der Deluxe Eco Lodges verfügbar ist. Judith klickt sich durch die Buchungslisten, schüttelt immer wieder mit dem Kopf und sagt: „Aktuell leider nicht, aber wir werden eine Lösung finden. Ich melde mich in zwei Stunden bei Ihnen zurück.“ So etwas wie einen typischen Arbeitstag kennt die Account Managerin nicht – was zu tun ist, hängt immer von den Anfragen der Kunden, meist Reiseveranstalter in Europa, ab. Seit gut eineinhalb Jahren arbeitet sie als Account Managerin für ein Touristikunternehmen mit Hauptsitz in Recife, einer quirligen Millionenstadt am östlichsten Zipfel Brasiliens.

One-Way nach Brasilien

Ihre Reiseleidenschaft hat sie schon in die Wiege gelegt bekommen, als sie überraschend im Kärnten-Urlaub ihrer Eltern geboren wurde. Der Wörthersee ist der Südsteirerin aber schon lang nicht mehr exotisch genug. Während der Schul- zeit und später bei den Studien ‚Romanistik‘, ‚Portugiesisch‘ und ‚Transkulturelle Kommunikation‘ an der Universität Wien zog es sie immer wieder nach Spanien und Brasilien, erst als Au-Pair, später für ein Erasmussemester und Auslandspraktikum. Die ersten Arbeitserfahrungen in Wien machten sie nicht glücklich, und so packte sie ihren Rucksack und kaufte sich ein One-Way-Ticket nach Brasilien – ein Land, das sie schon als Mädchen beeindruckt hat.

Aller Anfang ist schwer

Judith hatte die erste Zeit etwas größere Probleme, Fuß zu fassen. „Anfangs hatte ich keine Arbeitserlaubnis und habe gegen Kost und Logis in einer Pension am Strand gejobbt und nebenbei für eine Firma übersetzt.“ Doch dann suchte das Touristik-Unternehmen eine Account Managerin für neue Märkte, und Judith war zur Stelle: „Am Anfang wurde ich ziemlich ins kalte Wasser geschubst und musste mich schnell in ganz neue Aufgaben einfinden. Ich habe ein breites Aufgabenfeld, viel Eigenverantwortung und Reisemöglichkeiten – das ist super spannend, und ich gehe sehr in meiner Arbeit auf.“ Ihre Zeit kann sie sich flexibel einteilen, sie ist aber meistens schon sehr früh im Büro: „Ich versuche, den Zeitunter- schied zu meinen Kunden in Europa auszugleichen und so früh wie möglich erreichbar zu sein. Außerdem ist es am Morgen noch nicht so heiß“, erzählt die 29-Jährige, während die Sonne vor ihrem Büro langsam höher steigt. Am Vormittag herrscht auf den Straßen von Recife Hochbetrieb, erst zur Mittagszeit wird es ruhig. Auf die Siesta verzichtet hier niemand.

Und wie sieht es mittel- bis langfristig aus, wenn man in den Zwanzigern beschlossen hat, das Weite zu suchen? Judith hadert mit der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage in Brasilien: „Die ist leider äußerst angespannt und dazu alles andere als vielversprechend.“ Da hilft dann auch die brasilianische Lebensfreude nicht weiter. „Ich werde daher ziemlich sicher in naher Zukunft zurück nach Europa gehen und dort vielleicht meinen Master machen.“


Foto: Frederik Buelacher (27)
Stockholm, Schweden Publizistik-Absolvent

Ein Uni Wien-Absolvent, den es zuerst von der Schweiz über Deutschland nach Österreich verschlug, um heute in Stockholm zu leben. Eine Erfolgsstory von der Wien nach Stockholm:

‚Bittra kylan‘ in Schweden

Auch Frederik entstammt einer sehr internationalen und reisefreudigen Familie. Der Liechtensteiner wuchs in der Schweiz auf, ging in Deutschland zur Schule und kam schließlich für das Publizistik-Studium nach Wien – der Heimat seiner Großeltern. In den Semesterferien sammelte er erste Arbeitserfahrung in China, während er bei seinem Vater in Shenzhen wohnte. Das Leben in China war aufregend, trotzdem wollte Frederik nach seinem Abschluss erst einmal in Europa bleiben. „Mir war es wichtig, meine Englisch-Skills zu verbessern – was in Skandinavien ja sehr gut möglich ist, da eigentlich jeder hier fließend Englisch spricht. Und so habe ich recht schnell einen Job in einem Stockholmer Start-up gefunden.“ Nach fast zwei Jahren spricht Frederik, der mittlerweile im Digital Marketing für die Filmagentur Chimney arbeitet, neben fließendem Englisch auch ein bisschen Schwedisch. ‚Bittra kylan‘ heißt bitterkalt, und das ist es in Stockholm leider auch im März noch.

(Zeit)flexibel

„In Stockholm ist jedem selbst überlassen, wann er kommt oder geht. Wenn man mal nur drei Stunden Zeit hat und dafür am nächsten Tag bis zum Abend bleibt, passt das auch“, erzählt Frederik. Und so arbeitet er oft vom Home Office aus. Inhaltlich hat ihn das Publizistikstudium gut auf seinen Job im Marketing vorbereitet, auch wenn er es als BWLer vermutlich etwas leichter gehabt hätte.

Was fehlt Frederik in seinem Expat-Leben? „Mir fehlt hier die politische Diskussionskultur, die in Österreich ja schon recht stark ausgeprägt ist – und natürlich die Altwiener Kaffeehäuser“, meint Frederik, wenn er über sein Leben in Schweden spricht. Dort ist es nicht so einfach, mit den Einheimischen warm zu werden. „Es sind alle total höflich, aber es gibt nicht so viel Herzlichkeit, und es ist schwierig, Freundschaften aufzubauen. Ein Schwede würde einen so gut wie nie zu einem Glas Wein nach Hause einladen.“ Und so geht Frederik mit gutem Beispiel voran und grüßt jeden Morgen seine Nachbarn, was für sie ein absolutes Novum ist.

Und wie sieht es mittel- bis langfristig aus, wenn man in den Zwanzigern beschlossen hat, das Weite zu suchen? Frederik wird es in näherer Zukunft einen Koordinatenwechsel geben. Ab Frühling arbeitet er für die Berliner Niederlassung seiner Firma und wechselt anschließend nach Basel. „Ich kann mir aber auch gut vorstellen, mal für einige Zeit in Asien zu leben,“ so der Liechtensteiner.


Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag im Rise Karrieremagazin von Alina Lindermuth



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