Pandemie & Jobsuche

Mit Kompass durch unsichere Zeiten

Was Jobsuche und Surfen gemeinsam haben? In beiden Fällen wartest du auf die nächste Welle, versuchst aufzuspringen und dich irgendwie über Wasser zu halten. Aktuell sind die Optionen unberechenbar und schwer einzuschätzen – der Blick auf wenige offene Stellen und die wirtschaftlichen Entwicklungen lassen die Hoffnung sinken. Warum es sich immer auszahlt, deinen Traumjob anzusteuern, und wie du motiviert dranbleibst, erfährst du hier:

Zuerst die harte Wahrheit: Die Jobfindung ist nur zum Teil von dir selbst beeinflussbar. Wie viele Jobs verfügbar sind und ob du tatsächlich das Rennen machst und dich gegen die Konkurrenz durchsetzt, liegt nicht zur Gänze in deiner Hand. Hingegen: Wie du dich selbst nach einer Absage wieder aufbaust, welche (erreichbaren) Zwischenziele du dir in der Jobsuche setzt und welchen Wert du deinen Stärken gibst, liegt ganz bei dir. Lenkst du den Fokus auf die Bereiche, die du selbst beeinflussen kannst, steigt deine Selbstwirksamkeit. Darunter versteht man die Überzeugung, in der Lage zu sein, mit eigenen Verhaltensweisen und Entscheidungen etwas zu bewirken.

Folgende Strategien helfen dir, deinen Einfluss-bereich in der Jobsuche auszuschöpfen:

1. Schau auf dich

Jobsuche ist ein Prozess, der länger dauern kann. Die eigenen Erwartungen etwas herunterzuschrauben, schafft Entlastung und du läufst weniger Gefahr, die Ergebnisse lediglich auf dich selbst zu beziehen. Akzeptierst du die Unsicherheit dieser Phase und planst Rückschläge mit ein, kannst du umso selbstbewusster darauf blicken, wie du es trotzdem schaffst, weiterzumachen. Betrachte dich selbst mal mit den Augen eines*r guten Freundes*in und frage dich am Ende jeden Tages: Was ist mir heute gut gelungen? Auf welche Leistungen bin ich stolz? Denn langfristig wichtiger als die Bewertung deiner Person seitens der Unternehmen ist, wie du dich selbst siehst.

Keine Frage: Es gibt Tage, da scheint nichts zu funktionieren und die Motivation ist im Keller. Folgende Überlegung geht jedoch immer: Was kann ich mir hier und jetzt Gutes tun, damit es mir wieder etwas besser geht? Auch kleine Aktionen schaffen Erleichterung, wie zum Beispiel ein Telefonat, ein Spaziergang oder gute Musik.

2. Klarheit über die eigenen Ziele

Nutze die Zeit, um dir Klarheit über die eigenen Ziele zu schaffen. Welche Vorstellungen hast du von deinem Arbeitsplatz? Welche Rahmenbedingungen brauchst du, um gut zu arbeiten und motiviert zu bleiben? Auf welche Tätigkeiten freust du dich ganz besonders? Jetzt ist die Zeit, um nachzuschärfen und dir über deine Prioritäten klar zu werden. Damit steigt deine Überzeugungskraft automatisch auch in Bewerbungsgesprächen. Und wenn das Ziel noch nicht ganz klar ist? Auch eine Richtung kann dir Anhaltspunkte geben, wie du weitergehen kannst.

3. Zwischenziele setzen

Das große (Job-)Ziel ist formuliert? Dann mach dich daran, gute Strukturen für deinen Weg zu schaffen. Entwickle einen Plan, nach dem du vor-gehen kannst. Welche Jobsuchstrategien haben in der Vergangenheit schon gut funktioniert und wo wäre eine Weiterentwicklung sinnvoll? Überlege, wo du jetzt ansetzen kannst – bei Weiterbildung oder beim Austausch mit Gleichgesinnten? Du bist zum Beispiel im Tourismusmanagement ausgebildet und kommst in der Branche krisenbedingt nicht weiter? Dann überlege dir, in welche Gebiete deine Interessen sonst noch hinreichen und wo du dich gern verbessern möchtest, etwa bei IT-Skills, Digital Marketing oder Projektmanagement. 

4. Vorbilder suchen!

In Zeiten wie diesen, wo Schreckensmeldungen und der Blick auf Probleme allgegenwärtig sind, ist es eine Wohltat, den Fokus auf positive Erfahrungsberichte zu lenken. Führe Informationsgespräche mit Personen, die schon dort sind, wo du gern wärst. Frage nach, wie sie vorgegangen sind, um den Fokus bewusst auf Machbares zu richten. Und wenn andere es geschafft haben – warum nicht auch du?

5. Tanze aus der Reihe!

Überlege dir, wie deine Jobsuche noch mutiger und kreativer gestaltbar wäre. Du hättest gerne mehr Austausch mit anderen? Finde spannende Webinare oder kurze Fortbildungen und schreibe Personen mit ähnlichen Interessen aus eigener Initiative an. Warum organisierst du nicht selbst ein Austauschtreffen mit Studienkolleg*innen? Die anderen werden es dir danken!

6. Ressourcenaktivierung

Um neue Ziele zu erreichen, ist es wesentlich, auf dein Gepäck zu achten – deine Ressourcen. Welche deiner Fähigkeiten sollen mit auf die Reise, auf welche Stärken kannst du vertrauen? Hat dir deine strukturierte Herangehensweise oder deine Analysefähigkeit in der Vergangenheit geholfen? Dann versuche, diese in deinen Alltag weiter einzubauen und nutzbar zu machen. Vielleicht gibt es auch Verhaltensweisen, die du nicht mehr forcieren möchtest oder neue Fähigkeiten, die gerade jetzt nützlich wären. Die folgende Übung hilft dir, eine Auswahl zu treffen.

Übung

Perspektivenwechsel zu zweit

Schnapp dir eine Person aus deinem Freundeskreis und reflektiere die folgenden Fragen bei einem Spaziergang an der frischen Luft. Das bringt gleich drei Vorteile:

Erstens richtest du den Blick darauf, was du schon alles gemeistert hast und dass du fähig bist, weiter dazuzulernen.

Zweitens erfährst du, welche Learnings andere aus der Krise gezogen haben und von deren Plänen für die Zukunft.

Drittens ist dies die perfekte Gelegenheit, ein Fremdbild zu erhalten. Bitte dein Gegenüber daher um Feedback, was ihm*ihr zu diesen Fragen an dir aufgefallen ist.

  • Was habe ich in der Krise gelernt – welche Fähigkeiten habe ich entdeckt? '
    (Beispiel: Flexibilität, Stressresistenz – in welchen konkreten Situationen beobachtet?)
     
  • Was brauche/mag ich nicht mehr? Was lasse ich hinter mir?
    (Beispiel: Rückschläge im Bewerbungs-prozess lediglich auf mich selbst beziehen, übertriebener Medienkonsum, mangelnde Bewegung)
     
  • Was brauche ich noch an Fähigkeiten für meine Zukunft? Was soll in meinen Rucksack?
    (Soft Skills, IT-Skills, Networking-Skills)
     
  • Welche meiner persönlichen Eigenschaften, glaube ich, werden mir trotz der Krise dabei helfen, einen Job zu finden?
     



Anita Ring
Psychologin, Coach und Beraterin bei Uniport



Dieser Artikel ist im Rise. Das Karrieremagazin für Studierende und Young Professioanls der Universität Wien erschienen.

 



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