Work-Study-Balance

Wie viel Arbeit macht neben dem Studium Sinn?

Bis fünf in der Früh hinter der Bar gestanden, drei Stunden später schon wieder im Hörsaal und in den Semesterferien noch schnell ein Vollzeit-Praktikum beim Wunsch-Arbeitgeber? Bist du voll auf Spur oder total zerrissen zwischen Brotjob, Studium und Karriereplanung? Wie viel Arbeit ist zu viel Arbeit und wie kannst du aus deinem StudentInnenjob mehr herausholen?

Studium und/oder Job

„Mein Studium war anfangs immer der Hauptakteur in meinem Leben, der Job wirklich nur dazu da, um Geld daneben zu verdienen“, schreibt Denise Steiner in ihrem Blog ‚Over the top‘.

  • Ist ein Nebenjob bei meinem Studium überhaupt möglich?
  • Welche passenden Arten von Nebenjobs gibt es?
  • Und was ist ideal für meine aktuelle Lebenslage?

Das hätte sie sich leider nicht im Vorhinein überlegt, meint sie, die das Glück hatte, von ihren Eltern finanziell unterstützt zu werden. Dennoch will und wollte sie nie ‚nur‘ aus ihrer Tasche leben, sondern auch eigenes Geld verdienen. Ähnlich geht es vielen Studierenden. „Finanzielle Notwendigkeit“ ist das Hauptmotiv hinter den Student*innenjobs. Das zeigt die Studierenden-Sozialerhebung des Instituts für Höhere Studien (IHS)  ganz klar. Allerdings: 22 Prozent der 47.000 befragten, österreichischen Studierenden sind „ausschließlich aus finanziellen Gründen“ erwerbstätig. Für die überwiegende Mehrheit, nämlich 74 Prozent, ist es einer der Gründe.



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Es ist schön, wenn man von seinem eigenen Geld die Miete fürs WG-Zimmer, die Kaffeehausrechnung und das Bier bezahlen kann, aber so ein Student*innenjob hat auch Vorteile abseits des Monetären: Du bekommst Einblicke in die Arbeitswelt und in verschiedene Berufsfelder. Der Job motiviert dich – entweder in Richtung: „Das ist nicht meines. Gut, dass ich etwas anderes studiere“, oder: „Das ist genau das, wo ich nach meinem Studium hinmöchte.“ Du lernst, informelle Abläufe zu durchschauen und dich zu organisieren, knüpfst Kontakte und bekommst Feedback zu deinen Stärken, Schwächen, deinen fachlichen und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen.

Nebenbei Netzwerken

Eine beliebte Tätigkeit neben dem Studium ist beispielsweise das Kellnern. „Selten überschneiden sich die Arbeitszeiten mit den Kursen auf der Universität, und man lernt viele Menschen dabei kennen. Oft verdient es sich zusammen mit dem Trinkgeld auch nicht so schlecht“, erzählt Denise Steiner in ihrem Blog-Beitrag. Andererseits kann „ein Nebenjob hilfreich sein, um in gewisse Branchen hineinzuschnuppern und Netzwerke aufzubauen“, sagt die Uniport-Expertin Anita Ring. So finde man Dinge heraus wie:

  • Welches Arbeitsumfeld brauche ich, um konzentriert arbeiten zu können?
  • Möchte ich in einem großen Unternehmen arbeiten oder lieber in einem kleinen Team?
  • Wie stressresistent bin ich?

Auf diese Weise erfährt man viel über die eigene Persönlichkeit und entwickelt Soft Skills, die man im Bewerbungsgespräch auch begründen kann. Bewerber*innen, die Studium und Job vereinen konnten, zeigen auch, dass sie sich ihre Zeit gut einteilen und strukturiert arbeiten können. Außerdem gewöhnst du dich daran, nicht nur Studienkolleg*innen, sondern auch Arbeitskolleg*innen zu haben. Dabei gehen knapp mehr als die Hälfte ohnehin einer „studienadäquaten Beschäftigung“ nach: Die Jus-Studentin schnuppert erste Kanzlei-Erfahrung, der Literaturwissenschaftler jobbt in der Bücherei, der Wirtschaftswissenschaftler ist Werksstudent bei der Bank.



Grundsätzlich gilt: Wenn es die finanzielle Situation zulässt, sind jedenfalls Jobs, die eine Weiterqualifikation bieten, wegen ihres nachhaltigen Nutzens eindeutig zu bevorzugen! Aber: Egal ob Gelegenheitsjob, Praktikum, allgemeine und natürlich besonders facheinschlägige Berufstätigkeiten – (fast) jede Berufserfahrung fördert in irgendeiner Weise die Berufsqualifikation und erhöht somit die Chancen bei der Bewerbung um den Wunschjob.

Anita Ring, Karriere-Beraterin bei Uniport


Hat der Druck auf Studierende und Absolvent*innen in den letzten Jahren zugenommen?

Elisabeth Hefler arbeitet an der Psychologischen Beratungsstelle für Studierende in Wien. Durch ihre tägliche Arbeit mit den Studierenden merkt sie deutlich, dass die Leistungsvoraussetzungen und der Druck auf Studierende sowohl an Unis als auch am Arbeitsmarkt steigen. „Das Geprüftwerden zieht sich durchs Studium, durch weiterführende Ausbildungen bis in die Berufswelt. Für viele Studierende entsteht so der Eindruck, man könne nie genug leisten.“ Ein Nebenjob kann sich da aber positiv auswirken. Denn „die Erfahrung, sich selber das Leben finanzieren und gestalten zu können, schafft Selbstvertrauen und erhöht das Gefühl von Selbstwirksamkeit“, sagt Hefler. Fixe Arbeitszeiten können zusätzlich hilfreiche Strukturen im Alltag bieten. Sie empfiehlt, nicht mehr als zwanzig Stunden pro Woche einer Berufstätigkeit nachzugehen. Es bleibe sonst zu wenig Zeit fürs Studieren übrig, und das kann sich wiederum negativ auf den Studienerfolg und die psychische Situation auswirken.

„Der Druck nimmt sicher zu, das ist keine Frage“, sagt auch Christian Korunka. Der stellvertrende Leiter des Institus für Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialpsychologie forscht zum Thema ‚Intensivierung der Arbeit‘: „In einer zunehmend beschleunigten Arbeitswelt ist das Ziel der Studierenden natürlich auch, besonders schnell fertig zu werden.“, so Korunka. Kämen dann noch Finanzierungsprobleme hinzu, würde der Druck noch verstärkt. Seine Forschungen haben gezeigt, dass durch die beschleunigte Arbeitswelt und den damit verbundenen steigenden Anforderungen auch die Zahl jener steige, die auf der Strecke bleiben und mit der Entwicklung der Anforderungen nicht mehr mitkommen. Dies bezieht sich zwar primär auf weniger qualifizierte Personen, kann sich aber auch auf Studierende auswirken, die dem zunehmenden Druck nicht mehr gewachsen sind. „Vor allem in Fachrichtungen wie der Psychologie mit einer sehr hohen AbsolventInnenzahl ist die Konkurrenz am Arbeitsmarkt entsprechend hoch und so haben Studierende, die mehr Praxiserfahrung aufweisen können sowie durch einschlägige Tätigkeiten bereits besser vernetzt sind, auch bessere Chancen.“, so Korunka.

Sein Kollege, Jörg Flecker vom Institut für Soziologie, ebenfalls an der Uni Wien, bestätigt dies. Arbeitserfahrung sei in jedem Fall von Vorteil, um selbst zu wissen, welche Tätigkeiten wo möglich sind und welche Bedingungen wo herrschen, anderseits, um das auch in den Lebenslauf schreiben zu können. Für Soziologiestudierende biete sich die Arbeit im Bereich der Marktforschung an.


Fest steht: Je mehr du neben dem Studium arbeitest, desto mehr Durchhaltevermögen und Selbstmanagement brauchst du. Das ist eine Herausforderung, aber auch ein unersetzlicher Lernnutzen.


Die Studienberatung empfiehlt, immer wieder zu hinterfragen:

  • Habe ich Prioritäten für das Studium und den Job sowie klare Ziele?
  • Habe ich den Zeit- und den Arbeitsaufwand für das Studium – inklusive Organisationsaufwand – realistisch durchgecheckt?
  • Wann und wie viel Zeit bleibt für einen Job? Habe ich mittel- bis längerfristige Pläne für meine berufliche Entwicklung und meine Lebensplanung?
  • Bleiben mir Zeiten zum Relaxen, für Hobbys, Beziehung(en), Interessen und meine persönliche Entwicklung?

„Erst vor kurzem war es bei mir soweit, dass ich an einem Punkt angelangte, an dem ich meine Prioritäten ändern musste“, berichtet Denise Steiner am Ende ihres Blogbeitrages. „Bis zum Abschluss meines Bachelorstudiums stand meine Ausbildung immer an erster Stelle, der Job diente nur dem Zweck des Geldverdienens“, schreibt sie. „Mit den wachsenden Aufgaben und dem Wechsel ins Masterstudium hat sich das jedoch geändert: Genau genommen würde ich sogar soweit gehen, dass ich inzwischen berufsbegleitend studiere – das Studium steht jetzt also offiziell an zweiter Stelle.“ Ihr Beispiel zeigt, dass es immer auf den konkreten Fall und Zeitpunkt ankommt, aber am besten wohlüberlegt sein sollte: Wo stehe ich? Was will ich? Wie viel muss sein?

Studieren & Arbeiten:

Worauf muss ich achten?

Und dann sind da noch all die Fragen zu Recht, Steuer, Versicherung: Weiß ich darüber Bescheid, wie viel ich verdienen darf? Bin ich informiert über das Jobangebot, den Arbeitgeber und meine Rechte?

Hier ein kleiner Überblick: Erwerbstätigkeit neben dem Studium? Das kann sein: FerialpraktikantIn, Werkstudent*in, studentische Hilfskraft auf der Uni oder eine geringfügige Beschäftigung, das sind meist Teilzeittätigkeiten in der Gastro, in Geschäften und Supermärkten. Sie überschreiten den Monatslohn von 485,85 Euro (Stand 2022) nicht.

  • Versicherung: Achtung! Du bist damit nur unfallversichert. Solltest du nicht mehr über deine Eltern sozialversichert sein, musst du dich selbstversichern.
  • Mindestverdienstgrenze – Watch out! Wer Studienbeihilfe oder eine andere Studienförderung bekommt, muss die sogenannte Zuverdienstgrenze beachten. Egal, welcher Art von Nebenjob du nachgehst: Dein Verdienst darf die Grenze von 15.000 Euro pro Jahr nicht übersteigen, sonst können dir Förderungen und Beihilfen gekürzt oder gestrichen werden. Allerdings: Hast du Kinder oder musst Unterhalt zahlen, verschiebt sich die Grenze um mindestens 3.000 Euro nach oben.
  • Familienbeihilfe: Wer neben dem Studium arbeitet, hat grundsätzlich weiterhin Anspruch auf Familienbeihilfe, das umgangssprachliche ‚Kindergeld‘. Es dürfen jedoch höchstens 15.000 Euro brutto an zu versteuerndem Einkommen pro Kalenderjahr dazu verdient werden, sowohl als Arbeitnehmer*in als auch als Selbstständige*r. Bei Arbeitnehmer*innen gilt als Einkommen der jährliche Bruttobezug (ohne 13. und 14. Gehalt). Arbeitest du also geringfügig, kommst du bei höchstens 12-mal 485,85 Euro auf 5.830,2 Euro und kannst im Sommer oder in den Semesterferien noch zusätzlich arbeiten.
  • Ferialjob: Glücklicherweise haben Studierende ja gar nicht so selten Ferien. Du könntest dir die Arbeit beispielsweise auf Juli, Februar und/oder auch den Dezember aufteilen.
     

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Juliane Fischer, erschienen im RISE. Illustrationen von Clara Berlinski.


 



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